persönliche Stellungnahme Dr. Bernhard Hertel zu den Ausführungen von BM Michael Hahn in der StvV am 25.02.2021

 

Bezugnehmend auf den oben abgebildeten Flyer nachfolgend wie versprochen nähere Ausführungen zu den einzelnen Punkten der Präsentation des Bürgermeisters.

Die vorläufigen Jahresabschlüsse für die Jahre bis 2016 waren bei meinem Ausscheiden eingereicht. Die vorläufigen Abschlüsse für die Jahre 2017 und 2018 waren kurz vor der Fertigstellung, der Abschluss 2019 befanden sich in der Aufstellung.

 

Zu 1: Feuerwehrgerätehaus Bönstadt

In dem Förderantrag für den Erweiterungsbau des Gerätehauses waren die Kosten mit 70.000 € veranschlagt.
Der angesetzte Betrag orientiert sich an den Raumprogrammempfehlungen für die Ausstattung von Feuerwehrhäusern nach der Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen und Sachleistungen des Landes Hessen zur Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe (Brandschutzförderrichtlinie). In dieser Richtlinie werden die zuwendungsfähigen Ausgaben durch einen Festbetrag in Abhängigkeit von der Anzahl der Mitglieder in der Einsatzabteilung festgesetzt. Da für die Wehr in Bönstadt diese Zahl unter 25 liegt, wurden entsprechend der bei der Beantragung gültigen Fassung der Festbetrag von 70.000 € angesetzt.

Dies aber auch vor dem Hintergrund, dass die Wehr erklärt hatte, das Gerätehaus in Eigenleistung zu errichten.

Zu 2: Amtshaus Kaichen

Die Kostensteigerung um rd. 67 % erklärt sich durch den zeitlichen Verzug zwischen erstmaliger Planung/Kostenschätzung der Maßnahme und deren Umsetzung.
Zum Zeitpunkt der Amtsübergabe gab es keine Ankündigung, dass der Zuschuss gekürzt werden würde. Insbesondere stand auch nicht der Vorwurf im Raum, dass ein Vergabeverstoß stattgefunden habe.

Zu 3: 2 Wohnhäuser

Im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise sah es so aus, dass die Stadt nicht über die erforderlichen Räumlichkeiten verfügte um alle zugewiesenen Flüchtlinge unterbringen zu können. Vor diesem Hintergrund war die städtische Planung auf dem Brunnengelände in Ilbenstadt zwei Wohnhäuser zu errichten. Die erforderlichen Planungen wurden beauftragt und die dafür angefallenen Kosten in Höhe von rd. 25.000 € gezahlt.
Um den Bau der Wohnhäuser zu finanzieren hätte allerdings ein Kredit aufgenommen werden müssen.
Da sich zwischenzeitlich andere Möglichkeiten ergaben die zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen, bzw. die Zuweisungen zurückgingen, wurde auf die Errichtung der Gebäude verzichtet.
Dies war allerdings zum Zeitpunkt der Beauftragung der Planung noch nicht absehbar.

Zu 4: Wertberichtigungen

Wertberichtigungen sind uneinbringliche Forderungen gegenüber Gewerbebetrieben, Firmen und Privatpersonen. Es handelt sich dabei um z.B. (Grund)steuern, die Hundesteuer, Wasser- und Abwasserbeiträge oder Kindergartenbeiträge.
Aus Sicht der Stadt sind diese Forderungen auszubuchen, da festgestellt wurde, dass die  Kundin, der Kunde  endgültig nicht zahlen kann bzw., dass die Forderung auf absehbare Zeit weder rechtlich noch tatsächlich durchgesetzt werden kann.
Gründe dafür können sein, dass eine Privatinsolvenz oder die Insolvenz eines Unternehmens vorliegt.

Zu 5: Kita Ilbenstadt

Während meiner Amtszeit wurde für den Bau der Kindertagesstätte Ilbenstadt kein Zuschussantrag gestellt.
Der Grund liegt darin, dass nach den Förderrichtlinien ein Antrag nur dann gestellt werden kann, wenn eine baugenehmigungsreife Planung vorliegt. Wobei diese Interpretation der Förderrichtlinien noch großzügig ausgelegt ist. Sieht man das Ganze etwas strenger, muss sogar schon eine Genehmigung vorliegen. Da die Planungen für die Kita im Klostergarten nur das Stadium der Vorplanung abdeckten, konnte auch kein Förderantrag gestellt werden.
Selbst wenn ein Förderbescheid vorgelegen hätte, wäre dieser mit der Standortverlegung hinfällig gewesen.
Wie das Beispiel Ranstadt zeigt, sind schon Anfang des Jahres 2020 trotz Bewilligung keine Fördergelder mehr ausgezahlt worden, da die Mittel erschöpft waren.

Zu 6: Erschließung Wintersteinstraße

Nach dem Erschließungsbeitragsrecht ist die Stadt berechtigt einen Kostenersatz für die erstmalige Herstellung  einer Straße zu erheben. Eine wichtige rechtliche Voraussetzung für die Beitragserhebung ist, dass die Straße für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Nachdem die Baumaßnahme Wintersteinstraße abgerechnet war, könnte die Stadt die Beiträge erheben.
Nach meinem Kenntnisstand waren einige Anwohner nicht bereit, die angefallenen Beiträge in voller Höhe zu zahlen. In der Konsequenz heißt das für die Stadt, dass sie den Klageweg beschreiten muss. Ob dies geschehen ist, ist mir nicht bekannt.

Zu 7: Steinkaut

Um die erhöhten Anforderungen an die Löschwasserversorgung für das Gewerbegebiet kurzfristig sicher zu stellen, war es erforderlich einen Löschteich anzulegen (rd. 60.000 €). Mittel- bzw. langfristig können die Anforderungen jedoch dauerhaft nur mit einer Druckerhöhungsanlage oder einem neuen Hochbehälter erfüllt werden. Nach meinem  Kenntnisstand noch aus meiner Amtszeit, sind in dem aufgeführten Betrag sowohl die Kosten für den Löschteich als auch die Kosten für die Druckerhöhungsanlage enthalten. Der angesprochene Bebauungsplan dürfte sich auf die Fläche beziehen, die sich zwischen den Flächen befindet, die mittlerweile größtenteils vermarktet und zum großen Teil auch schon bebaut sind.
Zu dem Zeitpunkt als die Planungen für diese Flächen umgesetzt wurden, waren die Eigentumsverhältnisse für die angeführte Fläche noch nicht geklärt. Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel keine Grundlagen für eine einklagbare Bebauung zu schaffen, entschied man sich damals ganz bewusst dafür diesen Teilbereich erst später zu beplanen.

Zu 8: Steinweg

Für die Umsetzung der Maßnahme Wohnbaufläche  „Am Steinweg“ hatte der Investor nach dem Baugesetzbuch einen Infrastrukturbeitrag in Höhe von 150.000 Euro zu leisten. Mit diesem Betrag werden die Vorteile ausgeglichen, dass bereits bestehende Einrichtungen, wie Z.B. Kindertagesstätten, genutzt werden können.
Die Stadt hat mit dem Investor einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen.
Nach meiner Kenntnis ist das Geld mittlerweile auf dem Konto der Stadt eingegangen.
Ungeachtet dessen wird dieser Betrag in der Aufzählung der Präsentation mit aufgeführt.

Zu 9: Ingenieurleistungen KIP

Der Vorwurf lautet, dass die Ingenieurleistungen, die für die Abwicklung der Maßnahmen im Rahmen des Kommunalen Investitionsprogramms erforderlich waren, wegen eines Vergabeverstoßes nicht abgerechnet werden können.
Es ist richtig, dass die Ingenieurleistungen nicht ausgeschrieben wurden. Dies vor dem Hintergrund, dass das beauftragte Büro bereits einige Jahre zuvor das Klimaschutzteilkonzept für die Liegenschaften der Stadt Niddatal erstellt hat. Im Rahmen der Erstellung dieses Konzeptes wurden der Zustand der technischen  Anlagen der Liegenschaften und die Gebäude selbst untersucht und die erforderlichen Maßnahmen zur deren Sanierung und Verbesserung beschrieben. Das Büro hatte somit bereits die Grundlagenermittlung und die Vorplanungen erbracht und konnte auf dieser Basis aufbauen. Über die Vorgehensweise habe ich Gespräche mit der Wirtschafts- und Strukturbank Hessen (WiBank), der Förderbank für Hessen geführt.

Zu 10: Erweiterung ev. Kita Assenheim

Laut dem seit Jahrzehnten gültigem Vertrag zwischen der Stadt und der evangelischen Kirchengemeinde ist die Stadt verpflichtet bei Investitionen der Kirchengemeinde im Rahmen der Kinderbetreuungen 50 % der Kosten zu tragen.
Um die Kinderbetreuung in Niddatal sicher zu stellen ist es erforderlich, dass die ev. Kindertagesstätte erweitert wird. Die Erweiterung soll rd. 600.000 € kosten, wovon die Stadt, wie bereits oben erwähnt, rd. 300.000 € zu tragen hätte. Da die Maßnahme bisher nicht in Angriff genommen wurde, sind sicher bisher auch keine Gelder geflossen.
Ungeachtet dessen sollte es der Stadt wert sein dieses Geld in die Erweiterung zu investieren um  eine sichere und gute Kinderbetreuung aufrecht zu erhalten.

Zu 11: Kita Bönstadt

Der Auftrag die  Zuwegung zur Kita Bönstadt zu pflastern wurde ohne Ausschreibung und Magistratsbeschluss vergeben.
Die Arbeiten wurden im Rahmen einer Wasserschadenssanierung durchgeführt. Im Rahmen dieser Sanierung mussten auch Abdichtungsarbeiten der Außenwand vorgenommen werden, wozu es erforderlich war, dass ein Teil der Zuwegung mit aufgenommen werden musste. Der erforderliche Arbeitsumfang konnte im Voraus nicht festgestellt werden. Im Lauf der Arbeiten habe ich die Endscheidung getroffen, dass der Rest des Weges auf Grund der ungünstigen Wasserführung ebenfalls aufgenommen und neu verlegt wurde. Die angeprangerte Vorgehensweise hat letztendlich zu Kosteneinsparungen geführt, da die Firma vor Ort war und die Arbeiten direkt mit erledigen konnte.

Zu 12: Bodenbevorratung HLG

In den Verträgen mit der HLG ist geregelt, dass die Leistungen der Gesellschaft mit 5 % der anfallenden Grundstückskosten abgegolten werden. Dieser Satz steigert sich pro Jahr um 0,25 % bis maximal 7,5 %. Da mir keine Unterlagen vorliegen, fällt es mir schwer die mit 11.000 € aufgeführten Kosten aus den Jahren 2006/2007 einem Grundstücksgeschäft zuzuordnen. Den Maximalsatz von 7,5 % unterstellt, errechnet sich aus den vorliegenden Zahlen, dass der der Berechnung zu Grunde liegende Betrag rd. 147.000 € betrug.

Zu 13: Strafzinsen

Unterstellt man einen Strafzinssatz von 0,5 % pro Jahr, so bedeutet die Summe von 11.000 € Strafzinsen, dass die Stadt in 2020 durchgängig 2,2 Millionen Euro Guthaben auf ihren Konten hatte, wobei die für die Stadt gültigen Obergrenzen dauerhaft überschritten sein mussten.
Umgerechnet auf das halbe Jahr meiner Amtszeit, müsste die Rücklage durchgängig 4,4 Millionen Euro betragen haben!?